Licht aus wenn die Eltern Sex haben - Gentics @ re:publica 2015

3,5 Millionen YouTube-Views für das deutsche Bundesumweltministeriums - ein Making Of

von manuel.aghamanoukjan@apa.at am 5.5.2015

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks gab auf der re:publica 2015 einen offenen Einblick in der praktischen Umsetzung und Zahlen ihrer viralem Kampagne #ziek “Zusammen ist es Klimaschutz”. Ende 2014 wurde damit über 3,5 Millionen YouTube-Views erreicht. Für Gentics war Manuel Aghamanoukjan dabei


Bild: Michael Schroeren, Barbara Hendricks, Sebastian Backhaus und Julie Mussgnug sprechen auf der re:publica 2015 am 05.05.2015 in Berlin.

Copyright: re:publica/Jan Zappne

Die bewusste Überraschung

Hauptelement der Kampagne waren extra produzierte Youtube-Videos. Um die gewünschte Zielgruppe - internetaffin bis 20 Jahre - zu erreichen wurde Klimaschutz in Form von frechen und ungewöhnlichen kurzen Storys thematisiert. So wie auch dieses Video bei dem zum Licht abdrehen geraten wird. NIcht nur um sich einen peinlichen Anblick zu ersparen, sondern nebenbei durch Stromsparen zum Klimaschutz beizutragen.


Diese Szenarien haben auf den ersten Blick nichts mit Klimaschutz zu tun. Solche Videos wurden auch einem Bundesumweltministerium nicht zugetraut. Der daraus resultierende Überraschungseffekt war der wichtigste Faktor für den Erfolg der Kampagne.

Ergänzt wurde die Kampagne durch eine Kampagnenwebsite http://zusammen-ist-es-klimaschutz.de und thematisch passende Blogeinträge und Videoporträts von Nachhaltigkeits-BloggerInnen.

Blogger-Relations als Multiplikator

Von Beginn weg wurde BloggerInnen aus dem Nachhaltigkeits- und ökosozialen Bereich Kontakt und offener Dialog seitens des Ministeriums angeboten. Die Kampagne wurde daher folgeriichtig mit einem BloggerInnen-Treffen parallel zu einer konventionellen Presse-Konferenz gestartet. Die BloggerInnen hatten im Vorfeld die Möglichkeit von ihren LeserInnen Fragen für das Ministerium einzuholen.

Während der Kampagne wurde weiteren Dialog, Informationsweitergabe sowie die Produktion von Video-Porträts einiger BloggerInnen dieser Kontakt aufrechterhalten. Durch Ansprache von Lifestyle-BloggerInnen wird eine weitere Verbreitung abseits der herkömmlichen Zielgruppe für Klimaschutz angestrebt.

Neid auf so viele Klicks

Auf der Start-Pressekonferenz der Kampagner waren nur 4 JournalistInnen (wenn auch von sehr renommierten Medien) anwesend. Diese sprangen erst dann auf den Zug auf, nachdem die Kampagnen-Videos viral wurden, d.h. die Views auf youtube so stark zulegten. Damit schaffte die Kampagne den Sprung auf renommierte Medien-Portale und später ins deutsche Fernsehen. Über den analogen Weg wurde dies nicht erreicht. Von Seiten der traditionellen Medien gab es, laut Herrn Schoeren, sogar etwas Neid auf die vielen Klicks bzw. Views auf youtube.

Shitstorm - Bewusstsein ja, Angst nein

Die Problematik von Shitstorms war dem Bundesministerium bewusst, es wurde aber kein Shitstorm erwartet bzw. befürchtet. Im Vorfeld wurden die Drehbücher der youtube-Videos wurden dabei von der Bundesministerin und bis auf eine kleine Änderung freigegeben. Die fertigen Videos wurden dann nicht mehr vom Ministerium abgenommen. Sie wurden allerdings der Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft vorgelegt und von ihr abgenommen.

Die Resonanz war dann auch überwiegend positiv. Es gab auch Kritik. Eine davon durchaus schwerwiegend (Vorwurf Kindesmissbrauch in einem der Videos), diese war aber klar so übertrieben dass diese keine bleibende Wirkung hatte 

Zahlen, Zahlen, Zahlen

Gesamtbudget der Kampagne war laut Herrn: 1,5- 2 Mio Euro

Davon:

  • 600.000 Euro Investition für Mediaplanung und Onlinebanner
  • 25.000 Euro für virales Seeding (http://de.wikipedia.org/wiki/Viral_Seeding) und
  • 25.000 Euro für Prerolls - vorgeschaltete Werbebotschaft vor anderen Online-Video

Schlussendlich wurden 3,5 Mio Views auf Youtube erreicht, ab ca 100.000 Views begannen die traditionellen Medien über die Kampagne #ziek zu berichten.

Für das Bundesministerium ist diese Kampagne sehr preiseffizient und ein voller Erfolg. Sie wird auch bis Herbst 2015 weiter betrieben.

Mein persönliches Fazit

Die Kampagne ist ein schönes Beispiel wie auch sperrige Themen auf neuen Wegen Öffentlichkeit bekommen können. Überraschungs- und virale Effekte haben, richtig und mutig eingesetzt, geholfen die Ziele des Bundesministeriums effizient kostenzu erreichen.

Der Fokus auf Blogger-Relations als Multiplikator abseits der traditionellen "Medienwege" ist hier der interessanteste Baustein. Der Mechanismus des Überganges der Online-Kampagne auf Offline-Kanäle abseits tradtioneller Mechanismen war hier schön zu beobachten. 

Beeindruckend war die Offenheit und Transparenz mit der das Bundesministerium auf der Web-Konferenz re:publica 2015 agierte und Zahlen live offenlegte. 

Und dass eine Bundesministerin auf einer Web-Konferenz persönlich anwesend ist um diese Kampagne zu vertreten passiert auch nicht alle Tage.



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